Warum vergessen wir? Wie lange bleibt Information im Ultrakurzzeitgedächtnis? Dies und mehr wird hier erläutert.
“Das werde ich nie vergessen”, ist ein Versprechen, das man nur hört, wenn jemand wirklich ergriffen ist. Und die Vermutung, eine Information für immer behalten zu können, gründet genau darauf: Der Eindruck muss so stark sein, dass er sich förmlich in die Neuronenbahnen des Gehirns eingraviert.
Neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass unser Gehirn bei wichtigen (lustigen, schönen, positiven ebenso wie negativen, tragischen) Informationen unsere Gefühlszentrale – das limbische System – aktiviert. Erst durch das limbische System wird ein Eindruck so aufgewertet, dass er nachhaltige Gedächtnisspuren hinterlässt.
Überlegen Sie doch einmal, worin ihre früheste kindliche Erinnerung besteht? In den meisten Fällen sind es Erlebnisse im dritten oder vierten Lebensjahr, oft verbunden mit großen Gefühlen. So erinnern sich viele mit Schrecken daran, wie sie sich z.B. als Kleinkind beim Einkaufen verliefen und die Eltern nicht mehr fanden. Es sind überwiegend emotional beladene Bilder, die unvergesslich bleiben! Extremer Stress ist dagegen Gift für das Gedächtnis. Das Vergessen bestimmter Erlebnisse, Bilder oder Eindrücke in Notsituationen ist die logische Folge. In diesen emotionalen Extremsituationen schüttet der Körper Stresshormone aus, die Gedächtnisspuren auslöschen (so erklärt sich mancher “Filmriss” nach einem Gewaltakt oder Unfall).
Für uns ist wichtig zu wissen: Erfolgreiches Lernen funktioniert am besten in einer angenehmen, stressfreien Umgebung. Nur in entspannter Atmosphäre können wir unsere Leistungsfähigkeit voll ausschöpfen und “mentale Kondition” für stressige Momente aufbauen!
Das Ultrakurzzeitgedächtnis
Am Anfang steht das Ultrakurzzeitgedächtnis (UKZ), welches auch als sensorisches Gedächtnis bezeichnet wird. Denn die über die Sinne kommenden Informationen werden hier für einen Zeitraum von 0,5 – 2 Sekunden abgespeichert und während dieser Zeit auf ihre Bedeutsamkeit hin überprüft und gefiltert.
Diesen Gedächtnisspeicher hat der schwedische Prof. J.A. Segner schon 1740 untersucht und seine Speicherzeit mittels eines einfachen Experimentes bestimmt. Er ließ einen Leuchtkörper mit zunehmender Geschwindigkeit rotieren und stellte fest, wann man nicht nur einen einzigen sich bewegenden Leuchtpunkt wahrnahm, sondern eine leuchtende Kreisform. Aus der Geschwindigkeit an diesem Übergangsmoment ermittelte er dann die Zeitdauer der Abspeicherung (denn das Gehirn kann den leuchtenden Punkt nur dann als Kreis wahrnehmen, wenn es sich noch lange genug erinnert, wo der Leuchtpunkt vorher gewesen war); diese lag bei 0,1 bis 0,5 Sekunden in Abhängigkeit von der Helligkeit des Leuchtkörpers.
Natürlich wird auch in den Zellen unserer Sinnesorgane, z.B. bei dem Auge auf der Netzhaut, die Information für einen kurzen Moment gespeichert. Doch das eigentliche Ultrakurzzeitgedächtnis ist im Gehirn lokalisiert, wobei dieser Speicher eher auf Muster als auf Helligkeit reagiert.
Ferner ist die Speicherzeit von der so genannten Sinnesmodalität abhängig. So werden akustische Informationen meist länger, bis zu 2 Sekunden, “sensorisch” abgespeichert (“im Ohr klingt es einem noch nach”). Nach dem kurzen Ablegen einer Information im UKZ geht zum Glück alles Nutzlose wieder verloren. Nur ein ganz geringer, aber in irgendeiner Weise “bedeutsamer” Bruchteil schafft den Sprung ins nächste Gedächtnis – dem Kurzzeitgedächtnis.